The experimenter is not one person, but a composite. Alan Thorndike, BNL, 1967 [1]

das kinematographische Antlitz

Wie sich das individuelle Gesicht zum Antlitz eines gesellschaftlichen Körpers verhält, wurde immer wieder in den Künsten thematisiert. So setzt sich der Körper des Monarchen in Abraham Bosses Titelblatt zu Thomas Hobbes Leviathan(1651) aus den einzelnen Körpern der Bürger zusammen.

Sehr schnell erkannte man das Potential der Überlagerung von verschiedenen Aufnahmen in der Photographie des 19. Jahrhundert. So glaubte man in der Kriminalistik mittels der „Composite Photography“ durch Übereinanderbelichtung von Tätern bestimmte Archetypen zum Vorschein bringen zu können.

Composite-Techniken spielen heute bei der Bildverarbeitung in den Naturwissenschaften eine wichtige Rolle. So werden in der Astronomie Bilder ein und desselben astrophysikalischen Objektes in verschiedenen Wellenlängen aufgenommen und zu Multispektralaufnahmen überlagert.


Photographie composite,
Bergeret & Drouin 1891

In „facing science“ verschmelzen im Jahr 2010 hingegen die Bilder nicht zu einem statischen Phantom, sondern verbinden sich kinematographisch in der Zeit zu einem dynamischen Kontinuum.
Im Unterschied zum computerbasierten Morphing ist die Überlagerung nicht vorgegeben, sondern die Bilder setzen sich im Betrachterauge immer wieder von neuem zusammen. In Anspielung an August Sanders 1929 erschienenen Bildband Antlitz der Zeit - Sechzig Aufnahmen deutscher Menschen des 20. Jahrhunderts - müßte man von „Antlitzen in der Zeit“ sprechen.

Forschung zu Gesichtern und Physiognomie in Berlin

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[1] Galison, Peter: Image and Logic, Chicago 1997, p. 431.